TOXIC TWITTER THEATRE

„Halt die Fresse du Lowlife @jreichelt“


Was passiert, wenn man eine virtuelle Twitter-Diskussion ins wahre Leben überführt? Wenn die verschiedensten Twitter-Nutzertypen eine Diskussion über Corona führen und die Gegenüber plötzlich mehr als nur Bilder mit danebenstehenden Benutzernamen sind? Das Toxic Twitter Theater zeigt genau das!

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Projekt Infos


Die Idee
Solche und ähnliche rhetorischen Finessen prägen die Debattenkultur im Internet. Es wird gepöbelt, provoziert und sich profiliert. Ein despektierlicher Kommentar auf die Mitdebattierenden gehört dabei ebenso dazu, wie aus dem Zusammenhang gerissene Zitate aus diversen Zeitungen. Dabei sind die mangelnde Eloquenz und Aggressivität einiger Nutzer nicht eindeutig einem politischen Spektrum zuzuordnen. Alle eint aber ein durchaus narzisstischer Blick auf das eigene Dasein, der es ihnen ermöglicht, sich über die anderen Nutzer zu stellen, aber die Möglichkeit einer vernünftigen Debatte verbaut.

Dass es in so einer Diskussionsumgebung keine zielführenden Debatten gibt, ist wohl jedem klar und auch nicht der Anspruch der Plattformen, auf denen sie stattfinden. Doch was passiert, wenn man einzelne Twitter-Nutzertypen dazu zwingt, in einem ganz anderen Rahmen eine Diskussion zu führen und wie lang ist das möglich?

In Toxic Twitter Theater wird dies mit einer Diskussion rund um die verschiedensten Corona-Aspekte auf die Bühne gebracht. Dort treffen die Internetcharaktere physisch aufeinander und kommen ins Gespräch. Der Kniff: Die Gespräche sind in Tweets geschrieben. Es werden Hashtags benutzt, die Charaktere werden mit ihren User-Namen angesprochen und die einzelnen Dialoge sind auf 280 Zeichen begrenzt. Es wird gelikt, gecancelt und geblockt.

Dabei ist das gesamte Spektrum vertreten: Vom links-grünen, abgehobenen Studenten Jakob, der mit dem Internet aufgewachsen ist, über die Homöopathie-begeisterte Franzi, die nicht an Impfungen glaubt, bis hin zum antisemitischen Querdenker Bernd, der bereits den bewaffneten Widerstand plant. Angefangen mit einer Nachrichtenmeldung driftet die Diskussion ab und wird missbraucht, um die eigenen Meinungen kundzutun und sich selbst zu präsentieren.




Die Charaktere
Bernd Wittmann | Extremer Coronaleugner | @neinzugiftspritzen
Bernd ist 64 Jahre alt, Sacharbeiter für Logistik. Er steht hinter Attila Hildmann und ist bereit, die „Coronadiktatur“ und den Zionismus zu bekämpfen. Im Zweifel auch mit Waffengewalt. Ein Jagdgewehr hängt bei ihm Zuhause an der Wand. Nur für den Fall!

Franziska Laumann | Öko-Impfskeptikerin | @naturfranzi82 🍀
Franziska, 38 Jahre alt, Industriekauffrau in Teilzeit glaubt prinzipiell an Corona und sorgt sich um die Erkrankten. Doch noch mehr Sorge macht ihr der nicht ausreichend getestete Impfstoff. Sie wird nicht zulassen, dass ihre Kinder die „Giftspritze“ bekommen.

Heike Weber | Naive Internetnutzerin | @radieschenheike 🌼
Die 68-jährige Heike ist eine gutmütige Frau, die niemandem etwas zu Leide tun möchte und etwas naiv an die Corona-Debatte rangeht. Sie steht hinter der Regierung, lässt sich aber auch leicht durch das Internet beeinflussen.

Jan Schneider | Querdenker und Impfgegner | @aufSchneider73
Jan, 47, ist Speditionskaufmann. Er demonstriert mit Querdenkern, trägt die Maske unter der Nase und sieht es als seine Aufgabe das deutsche Volk aufzuklären und vor den Staatsmedien zu bewahren. Dabei bedient er sich der Rhetorik Attila Hildmanns.

Jakob de Jong | Emanzipierter, junger Onlineuser | @_-xXluckyLenin96-_
Jakob ist 24 Jahre alt und Student. Er ist mit dem Internet aufgewachsen und fühlt sich als intellektuelle Elite des Landes. Mit der Wissenschaft im Rücken ist er aber zu arrogant, um seine Positionen erfolgreich zu vermitteln.

Peter Steiner | Politiker | @p_steiner_mdb
Peter Steiner ist ein 53-jähriger Politiker der Regierungspartei SPU mit Sitz im Bundestag. Er nutzt das Internet mehr oder weniger erfolgreich als Wahlkampfplattform. Erfolg erhofft er sich durch eine überproportional große Menge an Hashtags.

Stefan Scherler | Hochzeits-DJ | @DJSteFUN 🎧😜🤙
Stefan hat vor fünf Jahren die Musik zu seinem Beruf gemacht. Nun ist der 45-jährige Hochzeits-DJ durch Corona jedoch arbeitslos. Er fühlt sich von der Politik im Stich gelassen, stellt sich jedoch ganz klar gegen rechts und Querdenken.

Tina Laux | Köchin | @tiiiieeeenchen
Tina ist Köchin. Die 38-jährige hat 2014 das Restaurant ihrer Eltern übernommen. Ähnlich wie Stefan fühlt sie sich von der Politik im Stich gelassen. Auf die Novemberhilfen wartet sie noch, ebenso wie auf eine Zukunft mit einem Einkommen.

Kurzreflexion der Gruppe
Das Ziel unseres Toxic Twitter Theaters ist es, Kritik an der Debattenkultur auf Twitter und ähnlichen Plattformen zu üben und ihr Gefahrenpotenzial aufzuzeigen. Wir wollen mit dem Stück Missstände hervorheben und Twitter-Nutzer*innen zur Reflexion anregen. Die Idee entwickelte sich aus Formaten wie „Ebay Kleinanzeigen Karaoke“ aus der ProSieben-Sendung Late Night Berlin oder „Das Digitale Quartett“ vom ZDF MAGAZIN ROYALE. Die vorrangige Inspirationsquelle waren aber natürlich reale Twitter-Konversationen, die wir im Netz gefunden haben.

Bei unserer Recherche haben wir unser Verständnis von Twitter sowie generell von Sozialen Netzwerken erweitert. Leider zum Teil auch durch recht erschreckende Sachen, auf die wir frei zugänglich im Netz gestoßen sind. Die Arbeit im Team hat trotz der relativ großen Anzahl an Mitgliedern sehr gut funktioniert. Dank kreativer Arbeitsprozesse kamen wir gut voran und bereicherten uns mit den verschiedensten Erfahrungen gegenseitig. Dabei konnten wir auch feststellen: Kompromisse fördern die gute Zusammenarbeit.


Projektbeteiligte

  • Aschhoff, Nicole (Mediendramaturgie, M.A.)
  • Daniels, Jonas (Filmwissenschaft, B.A.)
  • Dertinger, Cornelia (Mediendramaturgie, M.A.)
  • Feller, Simon (Filmwissenschaft, B.A.)
  • Leinen, Moritz (Audiovisuelles Publizieren, B.A.)
  • Menzel, Birk (Audiovisuelles Publizieren, B.A.)
  • Ullrich, Oskar (Filmwissenschaft, B.A.)
  • Wendt, Ansgar (Filmwissenschaft, B.A.)

Semester
SoSe2021

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